5.3.2.1 Grundwasserneubildung im bebauten Gebiet 

Nach Kloos (1986) ist die Grundwasserneubildung im bebauten Gebiet sehr stark von der Regenwasserentsorgung abhängig. Daher ist eine Bestandsaufnahme einzelner Siedlungsflächen und der Regen- und Abwasserentsorgung notwendig, die an dieser Stelle jedoch nur grob vorgenommen werden kann. Aus der Karte "Regen- und Abwasserentsorgung" des Umweltatlas (SenStadUM 1993) geht hervor, daß die gesamten, in der Karte "Reale Flächennutzung" der Provisorischer Regionalausschuss (1990) als "Zentrumsflächen" und "Siedlungsflächen mit hoher Dichte" ausgewiesenen Bereiche sowie ein Teil der mit "Siedlungsflächen mit mittlerer Dichte" bezeichneten Gebiete über eine Mischkanalisation entsorgt werden. Insgesamt sind dies innerhalb Berlins etwa 115 km2. Weitere 313 km2 sind an eine Regenwasserkanalisation angeschlossen. Das Regenwasser von ca. 83 km2 wird versickert. 

Die Daten für das Umland sind unserer Arbeitsgruppe zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugänglich. Daher kann hier eine Flächengliederung des bebauten Gebiets nur anhand der Daten der o.g. Karte ("Reale Flächennutzung" der Provisorischer Regionalausschuss 1990) abgeschätzt werden. Da im Untersuchungsgebiet außerhalb Berlins nur ca. 2 km2 Siedlungsfläche mit hoher Dichte verzeichnet sind, und die Siedlungsfläche mit mittlerer Dichte ca. 10 km2 betragen, kann hier mit einem Flächenanteil des Mischsystems von mind. 8 km2 gerechnet werden. 

Zur Trennkanalisation werden überschlägig folgende Flächen gezählt: 4 km2 Siedlungsfläche mit mittlerer Dichte, 84 der insgesamt 112 km2 Siedlungsfläche mit geringer Dichte sowie 19 km2 Gewerbe- und Bahnflächen. 

Für die restliche bebaute Fläche (166 km2), die Siedlungsflächen mit geringer und geringster Dichte umfaßt, wird eine Regenwasserversickerung angenommen. 

Nach diesen Gesichtspunkten sortiert ergibt sich also folgende Flächenverteilung: 

Tabelle 11: Flächenverteilung der Kanalisationsgebiete im Grundwassereinzugsgebiet (in km²) 

  

 

Grundwasserneubildung im Gebiet mit Mischkanalisation 

Nach Kloos (1986) ergibt sich auf den Flächen West-Berlins mit Mischkanalisation eine Grundwasserneubildungsrate von 9,4% des Gesamtniederschlags. Bei einer Fläche von insgesamt 123 km2 und einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 580 mm ergibt sich eine Grundwasserneubildungsrate von etwa 55 mm/a. Bei 123 km2 würde dies eine Grundwasserneubildung von etwa 6,705 Mio m3/a ergeben. Dieser Wert muß als reiner Rechenwert angesehen werden. SenStadtUm (1990) hat beispielhaft für einen kleinen Kartenausschnitt Werte von 20 - 40 mm/a im versiegelten Bereich ermittelt. Nach der Karte des oberflächlichen Gebietsabflusses werden etwa 350 - 450 mm/a (durchschnittlich 400 mm/a) direkt in die Oberflächengewässer geleitet, so daß nach Abzug einer Verdunstung von 130 - 150 mm/a aus dieser Bilanz eine Neubildungsrate von etwa 30 - 50 mm/a errechnet werden kann. Bei Untersuchungen in Hamburg stellt Pranzas (1995) relativ unabhängig von der Besiedlungsdichte, die vom Zentrum Hamburg bis zur dichten Wohnbebauung und zur Rand- bzw. Übergangszone reicht, eine Versickerungsrate von 8 bis 12% ( = 46 bis 70 mm/a) des Niederschlags fest. In Wessolek (1988) werden Grundwasserneubildungsmengen von 80 bis 90 mm/a für sehr stark versiegelte Gebiete angegeben. 

Der Wert von Kloos (1986) muß daher auf etwa 40 mm/a korrigiert werden. Dies entspricht einer Grundwasserneubildung von etwa 5 Mio m3/a im Gebiet mit Mischkanalisation. In trockenen Jahren reduziert sich dieser Wert aufgrund der geringeren Niederschläge stark. 

  

Grundwasserneubildung im Gebiet mit Regenwasserkanalisation 

Nach Kloos (1986) ist hier mit einer Grundwasserneubildungsrate von 19,6 % (= 114 mm/a) des Gesamtniederschlags zu rechnen. Bei einer Fläche von 420 km2 beträgt die Grundwasserneubildung somit: 

  

420 km2 * 580 mm/a * 0,196 = 47,75 Mio m3/a 

  

Auch dieser Wert ist eher zu hoch. So liegen die Gebietsabflüsse (Oberflächenabfluß) zwar mit durchschnittlich 300 mm/a deutlich niedriger als im Gebiet mit Mischkanalisation. Die Evapotranspiration erhöht sich aufgrund der besseren Pflanzenverfügbarkeit des Wassers auf etwa 150 - 200 mm/a. Die Grundwasserneubildungsrate liegt demnach bei 80 - 130 mm/a, durchschnittlich also bei 105 mm/a. Die Grundwasserneubildung würde nur etwa 44,1 Mio m3/a betragen. Ein Wert von 45 Mio m3/a gibt unsereserachtens die Verhältnisse am besten wieder. 

Wessolek (1988) gibt für starke Versiegelung und mittlere Versiegelung Grundwasserneubildungen von 113 bzw. 139 mm/a an. 

  

Grundwasserneubildung im Gebiet mit Regenwasserversickerung 

Kloos (1986) gibt für die bebauten aber nicht (Regenwasser-)kanalisierten Gebiete eine Grundwasserneubildungsrate von 25% (= 145 mm/a) des Jahresniederschlags an. Bei Einbeziehung des Umlandes kann jedoch diese hohe Neubildungsrate nicht mehr angenommen werden, da ein großer Teil der hier bebauten Flächen keinen sandigen Untergrund sondern Geschiebemergel aufweist. Außerdem weist die Evapotranspiration hier stark erhöhte Werte auf. Die Neubildungsrate wird daher grob auf 21% (= 121 mm/a) geschätzt. Daraus ergibt sich auf der Fläche von 249 km2 eine Grundwasserneubildung von: 

249 km2 * 580 mm/a * 0.21 = 30,33 Mio m3/a 

Eine Grundwasserneubildung von etwa 30 bis 31 Mio m3/a kann als realistisch angesehen werden. 

Zum Vergleich: Nach Wessolek (1988) liegen die Grundwasserneubildungswerte in Gebieten mit Einfamilienhäusern, Reihenhäusern und Kleingärten bei 129 mm/a. 

 

Autor: Wolfgang Gossel
 
 
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