5.4.2.1.4 Chlorierte Kohlenwasserstoffe 

Die vielleicht größte Gefahr für das Grundwasser geht von den halogenierten (i.d.R. chlorierten) Kohlenwasserstoffen aus. Die starke Verbreitung von halogenierten Kohlenwasserstoffen ist nicht das Ergebnis einer anwendungsorientierten Forschung nach Stoffen mit bestimmten Eigenschaften (z.B. nicht brennbare Schmierstoffe oder Elektroisolatoren) sondern das Ergebnis von Bemühungen der Großchemie, das bei der Herstellung von Ätzalkali anfallende Chlor mit Gewinn verkaufen zu können. Polyvinylchlorid (PVC) ist der wohl prominenteste Vertreter dieser Stoffgruppe. Zu ihr gehören aber auch Pflanzen- und Holzschutzmittel (DDT, Lindan, PCP), Lösungs- und Reinigungsmittel, schwer entflammbare Eletroisolatoren (PCB) und das "Supergift" Dioxin. Die meisten CKW werden in chemischen Reinigungen, der metallverarbeitenden Industrie, selbst im Haushalt verwendet ("Tri", "Per" oder "Tetra"). 

Für den Eintrag leichflüchtiger halogenierter (i.d.R. chlorierter) Kohlenwasserstoffe (LCKW, CKW, LHKW, HKW genannt) sind in der Regel Altstandorte oder noch existierende Anlagen verantwortlich zu machen. Die Stoffe werden dort zum Entfetten von Oberflächen und als Lösungsmittel eingesetzt. Die CKW sind besonders tückisch. Sie haben ein höheres spezifisches Gewicht als Wasser, sinken also auch im grundwasserführenden Porenraum nach unten. Die Wasserleitfähigkeit eines Gesteins und damit auch die Gliederung in gut leitende und gering leitende Schichten ist dabei von untergeordneter Bedeutung, da die Stoffe Oberflächen sehr gut benetzen und daher auch gering wasserleitende Schichten durchdringen. Das Absinken erfolgt bei größeren Eintragsmengen meist in Phase, denn die Stoffe sind nur in geringem Ausmaß wasserlöslich. Der mikrobiologische Abbau endet bei Vinylchlorid, das krebserregend ist. Daher sind die Grenzwerte für diese Substanzklasse sehr gering. Auf der anderen Seite sind die CKW leichtflüchtig, d.h. sie verdampfen bei recht geringen Temperaturen. Sie gehören außerdem zu den "Treibhausgasen" und zu den "Ozonkillern". Weil sie so leicht verdampfen, treten sie durch den Eintrag über den Niederschlag auch im Grundwasser an Stellen auf, wo man sie nicht erwartet hätte, also nicht nur an Altstandorten. Allerdings sind die Konzentrationen der CKW dort meist sehr gering und von einer Ausbreitung in Phase kann selbstverständlich keine Rede sein. 

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind schwer entflammbare Stoffe, die für einige wenige Spezialanwendungen eingesetzt wurden (z.B. Trafostationen in Umspannwerken, Hydrauliköle). Ihr Problem ist die produktionsbedingte häufige Verunreinigung mit cancerogenen Dioxinen. Sie verhalten sich ähnlich wie die PAK. Pentachlorphenol (PCP) wird hauptsächlich als Holzschutzmittel, aber auch als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Kontaminationsherde sind insbesondere Sägewerke. 

Dioxine wurden nach dem Unfall in Seveso (Norditalien) Ende der siebziger Jahre als Supergift gehandelt. Sie treten bei einer Reihe von Niedrigtemperaturverbrennungen (<1200°C) von chlororganischen Verbindungen (PVC, PCB-haltigen Altölen usw.) auf. Die Dioxin-Emissionen in Berlin wurden von SenStadtUm (1991) zusammengestellt. Für das Grundwasser spielen Dioxine und ihre Homologe eine untergeordnete Rolle, da sie weitgehend im Oberboden festgelegt werden. 

 

Autor: Wolfgang Gossel
 
 
Zurück zum Inhaltsverzeichnis Nächstes Kapitel: 
5.4.2.1.5 Metalle und Schwermetalle
Voriges Kapitel: 
5.4.2.1.3 Phenole und Kresole