5 Grundwasser (von W. Gossel)
5.1 Hydrogeologischer Überblick 5.1.1 Die geologische Zeitreise Für die Wasserwirtschaft Berlins bildet der geologische Aufbau des Untergrundes eine wesentliche Rahmenbedingung, da das Trinkwasser der Stadt aus dem Grundwasser gewonnen wird. Berlin ist von der Natur mit einem geologischen Aufbau gesegnet, der die Selbstversorgung der Stadt mit Trinkwasser guter Qualität bei geringem Aufwand zur Reinigung des Rohwassers über Jahrhunderte ermöglicht hat. Die ersten Brunnen, d.h. künstliche Grundwasseraufschlüsse zur Gewinnung von Trinkwasser, wurden immerhin vor rund 3.000 Jahren in Berlin angelegt (Forner & Gossel 1996). In diesem Kapitel wollen wir den geologischen Aufbau des Untergrunds von Berlin und seine wasserwirtschaftliche Funktion darstellen. Hierzu müssen wir eine große Zeitreise antreten. Die Zeitreise beginnt im Paläozoikum (Erdaltertum) vor etwa 300 Millionen Jahren (Mio. a) (Oberkarbon). Zu dieser Zeit wurden die heutigen Mittelgebirge (Varisziden) aufgefaltet. Auch der heutige Berliner Raum, der übrigens zu dieser Zeit in der Nähe des Äquators lag, wurde in diese Gebirgsbildung mit einbezogen (Franke 1989). In Nordfrankreich, dem Aachener Raum, dem Ruhrgebiet und Schlesien wuchsen in Küstennähe die Wälder, deren Überreste dann unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen in größerer Tiefe zu Steinkohle wurden. Auch im Untergrund von Berlin können solche Steinkohlenflöze auftreten, allerdings sind sie bei einer Tiefenlage von wahrscheinlich 4.000 bis 5.000 m nicht mehr wirtschaftlich abbaubar. Nach der variszischen Gebirgsbildung vor etwa 300 Mio a wurden die ältesten, in Bohrungen im Berliner Raum nachgewiesenen Schichten des Perm (s. Tabelle 8) abgelagert. Diese wurden nicht mehr verfaltet. Das Rotliegende (unteres Perm) besteht aus Vulkaniten und darüberliegenden Sandsteinen und Schiefern (Kallenbach 1980). Das obere Perm, der Zechstein (s.Tabelle 8), besitzt für die weitere geologische Entwicklung des gesamten Norddeutschen Raumes und auch für die Berliner Wasserwirtschaft eine außerordentlich große Bedeutung. In mindestens vier Eindampfungszyklen einer nach West-Nordwest zeitweise geöffneten Meeresbucht wurden Salze mit einer Gesamtmächtigkeit von etwa 600 m abgelagert. Salze unterscheiden sich in zweierlei Hinsicht ganz grundlegend von anderen "normalen" Gesteinen: Sie sind leichter und sie sind unter Auflast plastisch. Dies führt zu den "Salzwanderungen" aus den Salzemigrationszonen (in denen die Salzmächtigkeit reduziert ist) in die Salzkissen und Salzdiapire (Salzstöcke). Diese Migration beginnt allerdings erst sehr viel später als die Ablagerung der Salze selbst, nämlich erst, wenn die auflagernden Gesteine eine Mächtigkeit von etwa 500 bis 700 m überschritten haben. Im Mesozoikum, dem Erdmittelalter, wird zunächst die Schichtenfolge der Germanischen Trias (s. Tabelle 8) mit den Abteilungen Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper (s. Tabelle 8) abgelagert. Besonders gut läßt sich dies in Rüdersdorf zeigen. Die dortige Salzstruktur führt heute zum oberflächennahen Auftreten dieser Schichten. Im Buntsandstein weisen Kalksandsteine im Unteren und Mittleren Buntsandstein sowie Gips und Anhydrit im Oberen Buntsandstein auf marine Einflüsse hin. Auf eine terrestrische Entstehung lassen jedoch rote Sandsteine und Tonsteine ebenfalls im Unteren und Mittleren Buntsandstein schließen. Zu dieser Zeit (vor ca. 240 Mio. a) waren es wohl nur unbedeutende Meeresvorstöße. Im Muschelkalk, der im Berliner Raum aus Kalken, Mergeln, Gips und Anhydrit besteht und ca. 250 m mächtig ist, wird jedoch der marine Einfluß deutlich. Die Kalke des Unteren, 157 m mächtigen Muschelkalk werden in Rüdersdorf abgebaut; der Mittlere Muschelkalk besteht aus Mergeln, Dolomit und Gipslagen (Assmann 1957). Im Oberen Muschelkalk, der nur 46 m mächtig ist, wurden karbonatische Flachwassersedimente abgelagert. Der Keuper beginnt mit Schiefertonen, Mergeln und Sandsteinen, die einen starken terrestrischen Einfluß anzeigen: sie weisen ein ca. 0,5 m mächtiges braunkohlenartiges Flöz auf. Auch im Mittleren und Oberen Keuper wechseln terrestrische und flachmarine Fazies. Die Küstennähe bleibt auch im Jura und in der Kreide anhand der Wechsellagerungen von mariner und terrestrischer Fazies ablesbar. Schwankende Mächtigkeiten zeigen außerdem die ersten Auswirkungen der Halokinese (Salzwanderung und Salztektonik). Die Gesteine des Känozoikums, der Erdneuzeit, unterscheiden sich im Berliner Raum ganz deutlich von den älteren Gesteinen: Sie sind Lockergesteine. Das Tertiär beginnt mit einer Schichtlücke. Erst im Unteroligozän (s. Tabelle 8) setzt die Sedimentation mit Glaukonitsanden ein. Darüber folgt der für die Trinkwasserversorgung im Norddeutschen Flachland (und damit auch Berlins) äußerst wichtige, 70 bis 150 m mächtige mitteloligozäne Septarien- oder Rupelton (Assmann 1957). Die weitere Entwicklung während des Tertiär ist nach Kallenbach (1980) eng verknüpft mit Absenkungen in den Salzemigrationszonen zwischen den Scheitelzonen der Salzstrukturen in Schönwalde, Rüdersdorf, Spandau und Dreilinden. Eine weitere, in Kloos (1986) beschriebene und anhand von geologischen Profilschnitten gut erkennbare Salzstruktur liegt in Hermsdorf-Lübars. Nach Assmann (1957) ist dort durch das Inlandeis der Weichsel-Eiszeit eine Scholle des Rupeltons bis dicht an die Erdoberfläche gehoben worden. Im Oberoligozän (s. Tabelle 8) zieht sich das Meer langsam aus dem Berliner Raum zurück: Es werden mit den Unteren und Oberen Cottbusser Schichten küstennahe Sande abgelagert. Im Miozän (s.Tabelle 8) zeigen Braunkohlenflöze, Sande, Schluffe und Tone eine terrestrische, subtropische Fazies vor ca. 5 Mio a an. Diese Schichten sind insgesamt etwa 60 bis 80 m mächtig. Mit dem Miozän endet im Berliner Raum die Sedimentation vor den pleistozänen, glazialen Ablagerungen. Das Quartär wurde in Forner & Gossel (1996) ausführlich beschrieben. An dieser Stelle sei nur noch einmal zusammengefaßt, daß es sich hierbei um eine glazial geprägte, lediglich von geringmächtigen interglazialen Schichten (Holstein- und Eem-Interglazial) unterbrochene, heterogen klastische Schichtenfolge handelt. Tabelle 8 : Geologische Zeittafel
für Berlin
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Autor: Wolfgang Gossel
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