3.1.3.7 Die "Kleine Eiszeit" ca. 1540 – 1860 n. Chr. 

Dem "Mittelalterlichen Klimaoptimum" folgte die "Kleine Eiszeit". Diser Begriff wurde von britischen Klimahistorikern geprägt. Aus Temperaturabschätzungen grönländischer Eisbohrkerne (Schönwiese, 1996) weiß man, daß relativ kalte Epochen um 1600 und zwischen 1850 bis 1890 existierten, wohingegen es um 1730 bis 1800 relativ warm war. Die "Kleine Eiszeit" wird auch als Gletscherhochstandsphase bezeichnet. Für diesen Zeitraum wurden weltweite Gletscherausdehnungen nachgewiesen, die in mehreren Hauptvorstößen erfolgten. Diese Gletscherausdehnungen wurden für den Alpenraum, für Skandinavien und auch für Island belegt. In den Alpen begann das Anwachsen der Gletscher in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Nach einem Rückzug ab Mitte des 17. Jahrhunderts erfolgte nach Röthlisberger (1991) von 1770 - 1860 ein erneuter Gletscherhochstand. Im ausgehenden 19. Jahrhundert und Beginn des 20. Jahrhunderts war wieder ein Anwachsen zu verzeichnen. Für die Alpen wie für Skandinavien war die Kaltphase von 1570 -1650 jedoch deutlicher ausgeprägt als von 1800 - 1860. Juvigné (1991) konnte für einen Teil dieser Epoche zeigen, daß starke vulkanische Ausbrüche in diese Zeit fallen (s. Abbildung 3). Starke Vulkanausbrüche in diesem Zeitabschnitt sind unter anderem aus dem Mittelmeerraum und Kamtchatka bekannt. Die Klimawirksamkeit eines Vulkanausbruchs besteht darin, daß die in die Stratosphäre gelangten Partikel einige Jahre dort verbleiben können wo sie einen Teil der Sonneneinstrahlung absorbieren. Für die untere Schicht der Atmosphäre geht dadurch ein Teil der Sonneneinstrahlung verloren. Vulkane, deren Aschen und Aerosole die Stratosphäre erreichen, können eine Temperaturabsenkung von ca. 1° C für 2 bis 5 Jahre in einer Hemisphäre erreichen (Juvigné 1991). 

Ebenfalls in die "Kleine Eiszeit" fällt eine Phase sehr geringer Sonnenfleckenaktivität, das sog. Maunder Minimum, von 1645 - 1710 (Volland 1991). 

Während des Zeitraums von 1675 - 1715 waren nach (Pfister, 1994) in West Europa (ohne die Britischen Inseln) alle Jahreszeiten mit Ausnahme des Sommers trockener als heute. Im Sommer sind wiederholt harte Fröste und weiträumige Hagelstürme bezeugt, was auf Ausbrüche polarer Kaltluft hindeutet. Die Abkühlung betraf vor allem Winter und Frühjahr. Sie wurde um 1675 zuerst im äußersten Westen spürbar und dehnte sich dann Richtung Osten aus. Glaser et al. (1994) werteten in diesem Zusammenhang beschreibende Quellenangaben (z.B. Angaben über Weinernten in Süddeutschland) sowie historische Instrumentenmeßdaten aus ganz Deutschland aus. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß nach den bearbeiteten Daten die zweite Hälfte des Maunder Minimums als markante Abkühlungsphase bezeichnet werden kann, die alle Jahreszeiten umfaßte. 

Für Berlin liegt eine aus mehreren Einzelreihen zusammengesetzte und auf Berlin-Dahlem reduzierte Temperaturreihe seit 1701 vor. Aus dieser Temperaturreihe geht das Jahr 1740 als besonders kalt mit einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 5,9 °C hervor. 

Detaillierte Aussagen zu Temperatur und Niederschlag in Berlin folgen in den Kapiteln 3.2.1 und 3.2.2

Aussagekräftige, kontinuierliche instrumentelle Meßreihen der "Hauptklimaelemente" Luftdruck, Temperatur und Niederschlag existieren in Mitteleuropa häufig erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts. Davor stützt man sich auf Aufzeichnungen, die wie oben bereits erwähnt, nur lokale und zeitlich eingeschränkte Aussagekraft haben. Die älteste, brauchbare geschlossene europäische Niederschlagsreihe ist nach Rudloff (1967) die seit 1715 geführte Reihe von Hoofdorp-Zwanenburg in Holland. Erste Niederschlagsmessungen mit einem selbst konstruierten Ombrometer (Niederschlagsmesser) wurden in Berlin von 1728 bis 1739 von A. Grischow, in der Dootheenstraße (Berlin-Mitte), 20 m über dem Boden, durchgeführt (Bahr, 1966). Mit Gründung des Meteorologischen Instituts im Jahre 1847 begannen auch regelmäßige Niederschlagsmessungen. Im Jahr 1885 wurde das Niederschlagsmeßnetz dann sukzessive erweitert. 
 

 
 
 
 
 
 

Abbildung 3: Die stärksten vulkanischen Ausbrüche zwischen 1500 n.Chr. und heute. (Staubschleierindex nach Lamb 1970) aus Juvigné (1991).
 

Autorin: Ursula Chowanietz
 
 
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