3.1 Rekonstruktionsmöglichkeiten des Klimas 

Die paläoklimatische Entwicklung (die klimatische Entwicklung vergangener Erdzeitalter) kann geographisch natürlich nicht genau auf den Berliner Raum eingegrenzt werden und muß räumlich wesentlich weiter gefaßt werden. 

Für die vorliegende Ausarbeitung soll eine grobe Übersicht über die klimatische Entwicklung seit dem Eem-Interglazial (125.000 vor heute), der letzten großen Warmzeit zwischen der Saale- und Weichseleiszeit gegeben werden. Aussagen über den Wasserhaushalt während dieser Zeit können allenfalls sehr indirekt getroffen werden. 

In der Klimaforschung über vergangene Erdzeitalter wird, stellvertretend für exakte Aussagen zu den einzelnen Klimaelementen wie Temperatur, Luftdruck, Niederschlag usw., die in ihrer Gesamtheit ein Klima kennzeichnen versucht, mit Hilfe vielfältiger Stellvertreterdaten ein möglichst genaues Bild vergangener Klimate zu zeichnen. Als Proxydaten für Klimarekonstruktionen werden diverse "Klimazeugen" herangezogen und analysiert. Das Spektrum der Auswertung reicht von der Bestimmung der Sauerstoff-Verhältnisse an Eisbohrkernen über morphologische Klimazeugen (Flußterrassen, Oser), über Verwitterungsvorgänge (Salzablagerungen, Lößsedimentation) bis zur Analyse biologischer Klimazeugen (fossile Pflanzen- und Tiergesellschaften). Klimate geologischer Zeiträume werden demnach an Hand unterschiedlicher Charakteristika rekonstruiert. Jede Rekonstruktion eines Vorzeitklimas basiert in der Regel auf einer Kalibrierung verschiedener Klimazeugen an heutigen Bedingungen. Der Eichung liegen normalerweise Angaben über die Verbreitung eines Klimaindikators zugrunde. 

Eine Methode vergangene Klimate zu charakterisieren, ist die Sauerstoffisotopenmethode. Das Sauerstoffisotopenverhältnis d 16O/18O gibt Auskunft über die Bildungsbedingungen des Niederschlages, da die Sauerstoffisotope 16O und 18O beim Durchlaufen des globalen Wasserzyluses bestimmten, im wesentlichen temperaturabhängigen, Fraktionierungabläufen unterworfen sind. So ist es möglich, aus dem in der Polregion gefallenen Schnee Aussagen über Paläotemperaturen zu treffen. Eiskerne enthalten natürlich vielfältige Informationen und so können neben der indirekten Temperaturbestimmung Messungen an Luftbläschen im Eis Auskunft über die Paläoatmosphäre geben oder Ascheablagerungen von Vulkanausbrüchen eine gute zeitliche Zuordnung ermöglichen. 

Bei der Rekonstruktionen der Vorzeitklimate auf Grund von Faunen und Floren geht man davon aus, daß sich die klimatischen Ansprüche der einzelnen Untersuchungsobjekte (Tiere und Pflanzen) auf ihre Umgebung im Laufe der Vergangenheit nur wenig oder überhaupt nicht verändert haben. Diese Annahme ist natürlich mit Ungenauigkeiten behaftet, denn die erhaltenen Reste von Pflanzen- und Tiergemeinschaften hängen nicht nur von den physiologischen Fähigkeiten dieser Gemeinschaften und dem gerade herrschenden Klima ab, sondern z.B. auch von der Zahl der Konkurrenten an diesem Ort. 

 

 

Autorin: Ursula Chowanietz

 
 
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