5.1.3 Gute und schlechte Grundwasserleiter 

Die Lockergesteine des Tertiär und des Quartär wirken aufgrund ihrer Heterogenität in verschiedener Weise auf das Grundwasser: Es gibt gute und schlechte Grundwasserleiter, durchlässige und weniger durchlässige Deckschichten und Schichten mit hohem und mit geringer Fähigkeit, eindringende Schadstoffe verschiedenster Art zurückzuhalten. Diese Eigenschaften der Gesteine gilt es, neben ihrer räumlichen Verbreitung und zeitlichen Entstehung, die in Teil 1 (Forner & Gossel 1995) aufgezeigt wurde, zu beschreiben. Charakteristisch für die Wasserleitfähigkeit der Gesteine ist der kf-Wert. Je höher er ist, desto besser durchlässig ist das Gestein. 

Der oligozäne Rupelton ist ein sehr schlechter Grundwasserleiter. Diesem Umstand ist es zu verdanken, daß das Salzwasser des tieferen Grundwasserstockwerks (unter dem Rupelton) so wenig Einfluß auf das Berliner Grundwasser hat. An einigen Stellen in Berlin und Umland ist dieser Rupelton jedoch von den Gletschern der Elster-Eiszeit ausgeräumt worden (s. Teil 1, Forner & Gossel 1995). Den daraus resultierenden Salzwasseraufstiegen ist das Kapitel 5.4.1.2 gewidmet. 

Die Unteren und Oberen Cottbusser Schichten sind aus Feinsanden aufgebaut (Trapp 1983). Diese bilden einen schlechten Grundwasserleiter. Im Gegensatz dazu sind die groben Sande und feinen Kiese des Basishorizonts der Quarzsandgruppe gut wasserdurchlässig (Trapp 1983). Die Feinsande, Schluffe, Tone und Braunkohleflöze der Oberen Quarzsandgruppe, des Hauptmittels und der Formsandgruppe (s. Tabelle 8) sind dann wieder schlechte Grundwasserleiter. 

Die glazialen Serien des Quartärs sollen hier nicht im einzelnen beschrieben werden. Wichtig ist jedoch die Beschreibung einiger Eigenschaften der lithologischen Einheiten. 

Glazifluviatile Sande werden sowohl beim Vorstoß als auch beim Rückzug eines Gletschers abgelagert. Bei fehlenden interglazialen oder interstadialen Schichten ist eine stratigraphische Zuordnung von Sanden, die in einer Bohrung angetroffen werden, daher schwierig bis unmöglich. Hydrogeologisch gesehen sind diese Fein- bis Grobsande (vereinzelt auch Feinkiese) recht gute Grundwasserleiter (kf-Werte bei etwa 10-4 m/s). Im Vergleich zu den weiter unten beschriebenen Geschiebemergeln (kf-Werte bei 10-6 m/s) sind die Mächtigkeiten der glazifluviatilen Sande meist recht groß. Schadstoffe werden von diesen Sanden nicht adsorbiert. 

Geschiebemergel sind allgemein als wasserstauende (richtiger: gering leitende) Schichten bekannt. Dies gilt jedoch nur für die bindigen, schluffig-tonigen, mit Steinen durchsetzten Schichten. In der Praxis zeigt sich, daß diese Geschiebemergelpakete häufig von unterschiedlich mächtigen Sandeinlagerungen unterbrochen sind, die Durchlässigkeit wesentlich erhöhen. Insgesamt liegen die kf-Werte bei etwa 10-5 bis 10-7 m/s und nicht, wie oft behauptet wird, bei 10-10 m/s. Das Verhalten gegenüber Schadstoffen ist sehr unterschiedlich. Der in den verschiedenen Geschiebemergeln unterschiedlich hohe Kalkgehalt (CaCO3) bewirkt eine gute Ionenaustausch- und Pufferkapazität sowohl für Kationen (z.B. Schwermetalle) als auch für Anionen (z.B. Nitrat, sauren Regen). Problematisch ist dagegen das Verhalten von organischen Stoffen wie z.B. Mineralölen (MKW), polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), chlorierten Kohlenwasserstoffen (CKW) usw. in den bindigen Schichten. Die stark benetzenden Stoffe (z.B. niedrig siedende MKW und CKW) breiten sich im Geschiebemergel stark horizontal aus, werden aber auch stark adsorbiert. Die oftmals mehr erhoffte als tatsächlich vorhandene Barrierewirkung gegenüber Schadstoffen aller Art konnten sie jedoch weder unter der Belastung der Rieselfeldbewirtschaftung noch bei diversen Altlasten unter Beweis stellen (s. Kapitel 5.4.2). 

Die limnischen Tone und Schluffe des Holstein-Interglazials sind, zumindest in der Südhälfte Berlins, sehr horizontbeständig. Sie sind jedoch bei weitem nicht so mächtig wie der Rupelton und haben daher weder dieselbe hydraulische Funktion noch können sie als geologische Barriere für Schadstoffe angesehen werden. 

Mudden und Torfe der Interglazialschichten und der Nacheiszeit (Holozän) haben i.d.R. geringe kf-Werte. Eyrich (1992) gibt für Mudden im Müggelsee kf-Werte von 1,2 bis 7,8 *10-6 m/s an, im Seddinsee liegen sie etwas höher (7,9 bis 11,5 *10-6 m/s). Die geringmächtige Muddeschicht des Teltowkanals (1 bis 2 m) ist mit 3,5*10-5 m/s besser durchlässig. Nach Eyrich (1992) ist allgemein mit der Zunahme der Muddenmächtigkeit eine Verringerung der Durchlässigkeit zu beobachten. Die Mächtigkeit wird durch den Motorbootverkehr (insbesondere Lastkähne) im Bereich der viel befahrenen Berliner Wasserstraßen bzw. Fahrrinnen stark reduziert. 

Durch einen Wechsel von guten zu schlechten Grundwasserleitern in geringer Tiefe tritt ein Phänomen auf, das in Berlin in den letzten Jahren zu heftigen Diskussionen geführt hat: das Schichtenwasser. Auf einer schlecht durchlässigen Schicht (beispielsweise einem Geschiebemergel) sammelt sich bei erhöhtem Sickerwasseraufkommen Wasser oberhalb des echten Grundwasserspiegels und fließt nur langsam ab. Auf die Gründe für die erhöhte Sickerwasserbildung soll erst im Kapitel 5.3 eingegangen werden. Es tritt aufgrund seiner Abhängigkeit vom Sickerwasseraufkommen nur temporär auf, d.h. das Wasser läuft von den schlecht durchlässigen Schichten i.d.R. nach wenigen Wochen oder Monaten ab. 

Das Schichtenwasser kann aufgrund seiner kleinräumigen Verteilung und dem notwendigerweise gröberen Netz der Grundwassermeßstellen vom Senat kaum erfaßt werden. Auf der anderen Seite sind Bauherren oft weniger auf die Angaben von Grundwasserständen angewiesen als gerade auf die Informationen über auftretendes Schichtenwasser, das in Kellerräume eindringen kann. Die Kartierung von schlecht durchlässigen Schichten in geringer Tiefe und evtl. die Einrichtung (und regelmäßige Messung) von Schichtenwassermeßstellen würde jedoch einen enormen Kostenaufwand und Personaleinsatz erfordern, der derzeit nicht geleistet werden kann. Daher erhalten die Bauherren meist einen Hinweis, ob in dem betreffenden Gebiet aufgrund der geologischen Verhältnisse möglicherweise mit Schichtenwasser zu rechnen ist. Es ist dann Aufgabe des Bauherren bzw. seines Architekten/Bauunternehmers, Vorkehrungen gegen das Eindringen von Wasser in die Kellerräume zu treffen. Der nachträgliche Einbau wasserwirtschaftlich schädlicher und ökologisch fataler Drainagen oder gar eine nachträgliche Abdichtung des Bauwerks ist oft für den Bauherren unerschwinglich teuer. 
 

 

Autor: Wolfgang Gossel
 
 
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