5.2.4 Grundwasserfließgeschwindigkeiten 

Die Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers spielen bei allen Fragen des Transports von Schad- und Nährstoffen im Grundwasser eine Rolle. Die Transportgeschwindigkeiten von Schad- und Nährstoffen sind aufgrund von Diffusions-, Adsorptions- und Desorptionsprozessen zwar von den Grundwasserfließgeschwindigkeiten zu unterscheiden, doch gibt die Grundwasserfließgeschwindigkeit einen wichtigen Anhaltspunkt für diese Größe. In Kapitel 4.2.2 sind einige (schad)stoffspezifische Überlegungen schon vorgestellt worden, in Kapitel 5.4.2 wird dies noch einmal aufgegriffen. 

Direkte Angaben über die Fließgeschwindigkeiten des Grundwassers in Berlin sind selten. Bei der Auswertung eines Pumpversuchs errechnet Kloos (1986) eine Abstandsgeschwindigkeit von 10-6 m/s, d.h. etwa 0,9 m/d. An anderer Stelle gibt er für die Hochflächen von Barnim und Teltow Werte von 0,43 m/d und für das Urstromtal außerhalb des Absenkungsbereichs der Brunnengalerien 0,21 m/d an. Die Fließgeschwindigkeit innerhalb des Fassungsbereichs der Wasserfabriken liegt bei 2,14 m/d (Kloos 1986). Demgegenüber deuten die Daten des ZGI (1985) auf wesentlich niedrigere Abstandsgeschwindigkeiten hin. In der Karte der Grundwassergefährdungen sind Zonen mit erhöhten Fließgeschwindigkeiten angegeben, die sich v.a. in den Einzugsgebieten der Wasserwerke und an den Abhängen des Barnim finden. Für diese Zonen wird eine Abstandsgeschwindigkeit von 0,25 - 1 m/d angegeben. 

Zur Berechnung der Grundwasserfließgeschwindigkeiten gibt es nach Darcy folgende Formel: 
  

va = kf * I / n [m/s]

mit 

  • va = Abstandsgeschwindigkeit des Grundwassers, d.h. die Geschwindigkeit, mit der ein Wasser"teilchen" von Punkt A nach Punkt B fließt
  • kf = Durchlässigkeitsbeiwert des Gesteins, s. auch Kapitel 5.1.3.
  • I = Gefälle des Grundwassers
  • n = Nutzporosität des Gesteins
Hieraus läßt sich für einzelne Gebiete eine genauere Angabe über die Grundwasserfließgeschwindigkeit treffen. 

Die Fließgeschwindigkeit des Grundwassers im Urstromtal wird insbesondere durch das geringe Gefälle geprägt. So beträgt das natürliche Gefälle der Grundwasseroberfläche 6 m auf 80 km (ca. 0,0071%), der kf-Wert liegt etwa bei 5*10-4 m/s, die Nutzporosität eines durchschnittlichen Sandes bei 25%. Damit ergibt sich eine "natürliche" Abstandsgeschwindigkeit von nur etwa 1 cm/d außerhalb der Absenktrichter der Wasserwerke. 

va = 5*10-4*7,1*10-5/0,25 [m/s] = 1,42*10-7 [m/s] = 1,23*10-2 [m/d] 

In den Absenktrichtern der Wasserwerke sind die Fließgeschwindigkeiten deutlich erhöht. So beträgt das Gefälle in Tegel etwa 0,3 %. Mit sonst gleicher Datenbasis ergibt sich eine Abstandsgeschwindigkeit von etwa 50 cm/d. Damit ist die Fließgeschwindigkeit ca. 50fach gegenüber dem unbeeinflußten Regime erhöht. 

va = 5*10-4*3*10-3/0,25 [m/s] = 6*10-6 [m/s] = 5,2*10-1 [m/d] = 52 [cm/d] 

Auf dem Barnim ändern sich die Verhältnisse insbesondere wegen des wesentlich größeren Gefälles (1*10-3). Der kf-Wert wird als konstant (5*10-4 m/s) angenommen (ZGI 1985). Damit ergibt sich nach o.g. Formel eine Abstandsgeschwindigkeit von 15 bis 20 cm/d. Dieser Wert wächst aufgrund des starken Gefälles an den Abhängen des Barnim stark an. 

Für den Abflußbereich des Teltow ergibt sich aus der o.g. Gleichung bei gleichen hydraulischen Parameterbelegungen eine Abstandsgeschwindigkeit von etwa 10 bis 15 cm/d. 

va = 5*10-4* 0,8*10-3/0,25 [m/s]= 1,6*10-6 [m/s] = 14 [cm/d] 

Für die Nauener Platte und den Glien sollen an dieser Stelle keine eigenen Berechnungen angestellt werden. 

 

Autor: Wolfgang Gossel
 
 
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